Gesetzesbuch und Paragraphen
Die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes verunsichert Freiberufler und Unternehmen. In diesem Marktinformationsbeitrag klärt der Rechtsanwalt Erich-Wolfgang Moersch über die Chancen der Reform auf.

Die Auswirkungen der AÜG-Reform

Die anstehenden Änderungen des Arbeitnehmer­überlassungs­gesetzes (AÜG) bedeuten neue Rahmen­bedingungen für den Einsatz von Free­lancern in Unter­nehmen. Die geplante Gesetzes­änderung verunsichert, weil bestehende Prozesse damit in Frage gestellt werden können. Warum die geplante Reform des AÜG aller­dings eine gute Sache ist und welche neuen Wege sich dadurch er­öffnen, zeigt Hr. Moersch im Interview mit freelance pages auf. Seines Zeichens Sozius der Kanz­lei Hannemann, Eckl und Moersch in Karls­ruhe, befasst sich Herr Moersch schwerpunkt­mäßig mit kollektivem und individuellem Arbeits­recht und ist Experte auf dem Gebiet der Schein­selbständigkeit.

Erich-Wolfgang Moersch

freelance pages: Freiberufler und Einsatzunternehmen sind verunsichert im Hin­blick auf die Themen Schein­selbständigkeit und verdeckte Arbeitnehmer­überlassung. Hier spielt sicher auch die geplante AÜG-Reform eine maßgebliche Rolle. Was soll sich denn zum 01.04.2017 ändern?

Hr. Moersch: Drei Themen sind besonders wichtig:

Erstens: Arbeitnehmerüberlassung muss zukünftig ausdrücklich im Ver­trag zwischen Verleiher und Entleiher vereinbart werden und ist nur dann möglich, wenn zwischen Ver­leiher und Leiharbeit­nehmer ein Arbeitsverhältnis besteht. Anderen­falls wird gesetzlich ein Arbeits­verhältnis mit dem Entleiher be­gründet.

Zweitens: Die Überlassungshöchstdauer wird auf 18 Mo­nate beschränkt, danach muss eine mindestens drei­monatige Pause folgen, bevor der Zähler wieder auf „Null“ gestellt wird. Eine längere Einsatz­dauer ist nur möglich, wenn sie in einem Tarif­vertrag der Einsatz­branche ausdrücklich zugelassen ist. 

Drittens: Wer als Arbeitnehmer gilt und nach welchen Kriterien das zu beur­teilen ist, wird gesetzlich im neuen § 611a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Zusammen­gefasst bedeuten diese Kriterien, dass Arbeit­nehmer ist, wer nach dem äußeren Bild in die Arbeits­organisation des Betriebs eingegliedert ist, in dem er seiner Tätig­keit nachgeht.

Was bedeutet dies konkret für die Arbeit von Freelancern? Wie müssen Unternehmen darauf reagieren?

Es wird zukünftig nicht mehr möglich sein, sich durch eine auf Vorrat ein­geholte Arbeitnehmer­überlassungs­erlaubnis des Werkvertrags- oder Dienstleistungs­unternehmens, das den Freelancer entsendet, dagegen abzusichern, dass bei einer Ein­gliederung des Freien in den Einsatz­betrieb kein Arbeits­verhältnis mit dem Unternehmen besteht, zu dem dieser Einsatz­betrieb gehört.

Für Freelancer und Unternehmen bedeutet dies, dass noch sorg­fältiger als bisher einerseits auf die Ge­staltung des Vertrags (Auftrags) und andererseits auf die Ge­staltung der tatsächlichen Einsatz­bedingungen geachtet werden muss, um nicht in die Falle der Be­gründung eines Arbeits­verhältnisses mit allen sich daraus er­gebenden – insbesondere sozialversicherungs­rechtlichen – Folgen zu tappen (Stichwort: „Schein­selbständigkeit“).

Wählt man die bisher gängige Konstruktion, dass der Auf­trag formal einem Haupt­unternehmer erteilt wird, der dann selb­ständige Subunternehmer in den Ein­satz schickt, besteht im Falle der vorhin an­gesprochenen Eingliederung dieser Free­lancer in den Auftrag­geberbetrieb das zusätzliche Risiko, darüber hinaus noch wegen einer Ordnungs­widrigkeit belangt zu werden.

Ist der Einsatz von Vermittlern an sich eventuell schon mit Risiken verbunden?

Die bloße Inanspruchnahme eines Maklers oder Ver­mittlers, der lediglich den Kon­takt zwischen einem möglichen Auftrag­geber und einem Free­lancer vermittelt, löst keinerlei Risiko aus, dass dieser Ver­mittler als Arbeitgeber des Free­lancers oder als „Verleiher“ einer Arbeitnehmer­überlassung betrachtet wird. 

Was können einerseits die Unternehmen und andererseits die Free­lancer tun, um nicht in arbeits­rechtliche Konflikte zu geraten?

Kurz gesagt: ausreichend Distanz halten und idealiter den Auf­trag vor Beginn der Tätig­keit möglichst klar umreißen, wie man dies bei der Beauf­tragung von Handwerkern auch macht.  Wenn bei der Projekt­durchführung laufend irgendwelche Details neu mitgeteilt werden, kann das als Arbeits­weisung missverstanden werden. Auch wenn ein Pro­jekt längere Zeit andauert und die Be­teiligten gut und eng zusammen­arbeiten, handelt es sich – rechtlich gesehen – doch um zwei Unter­nehmer. Das sollte auch so praktiziert werden und sich­tbar sein.

Welche Veränderungen prognostizieren Sie für den Markt freiberuflicher Leistungen in Deutsch­land und wie profitieren Freelancer und Unter­nehmen davon?

Der Markt wird sich konsolidieren und konturieren. Die politische Absicht ist es, die Arbeitnehmer­überlassung zurück­zustutzen auf ihren als ursprünglich verstandenen Zweck, nämlich die Deckung „vorüber­gehender“ Kapazitäts­engpässe bei der eigentlichen Unternehmenstätigkeit. Das ist etwas deutlich Anderes als der Ein­satz von Free­lancern zur Durchführung von besonderen Aufträgen und Projekten, für die der Auftrag­geber nicht das Know-how hat und es nicht – auch nicht vorüber­gehend – im eigenen Unter­nehmen als Potenzial vorhalten will. 

Für Freelancer als Spezialisten für besondere Auf­gaben wird sich also gar nicht so viel ändern, anders mag das für die Viel­zahl derjenigen sein, deren Fähigkeiten und Kennt­nisse eher im Alltag betrieblicher Reali­tät gebraucht werden. Dort werden sich die Unter­nehmen auf Beschränkungen der Flexi­bilität einstellen müssen, oder mit noch stärkerer Ver­lagerung von Unternehmens­aufgaben auf Sub­unternehmen reagieren.

Herr Moersch, vielen Dank für das Interview!

 

freelance pages hilft Ihnen, rechtliche Risiken zu vermeiden, die resul­tieren können, wenn Freelancer als Sub­unternehmer eines Providers für Sie tätig werden. Es bietet Einsatz­unternehmen die Möglichkeit solche Freelancer direkt anzuheuern, die allein schon durch ihre klare Positio­nierung im Profil und dezidierte Schwerpunkt­setzung zum Ausdruck bringen, dass sie als Spezialisten verstanden werden wollen. Wie das Inter­view mit Hr. Moersch zeigt, ist die Zusammen­arbeit mit solchen Experten in der Regel unkritisch, wenn die oben genannten Punkte in der Zusammenarbeit beachtet werden. Die Funktio­nalitäten auf freelance pages tun ihr übriges: freelance pages unterstützt professionelle Supplier Management Prozesse statt den um­ständlichen und schwerfälligen HR-Prozessen, die bisher bei der Suche und Auswahl von Free­lancern oft üblich waren.

Insgesamt trägt dies dazu bei, das Risiko der Schein­selbständigkeit beim Einsatz von Free­lancern wirksam zu reduzieren.

 

 

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